Beschäftigung – Der Schlüssel zum Glück?
Vielleicht nicht der alleinige Schlüssel zum Glück, aber mit Sicherheit der erste wichtige Schritt zu einer guten Beziehung mit Ihrem Hund. Aus der Menschenpsychologie weiß man: Gemeinsame positive Erlebnisse stärken die Bindung. Das ist beim Mensch-Hund-Team nicht so viel anders. Beschäftigung ist also wichtig, für jeden Hund, egal welcher Rasse.
Es ist viel mehr als einfacher Zeitvertreib und die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt. Welches die richtige Beschäftigung für ein Mensch-Hund-Team ist, gilt es herauszufinden. Dieser Artikel wird keine Auflistung der neuesten Hundesportarten und Trends bieten. Er soll Anregungen geben, den eigenen Hund zu beobachten und ihn nach seinen speziellen Vorlieben zu fördern. Die gemeinsame Beschäftigung soll eine Bereicherung für Hund und Mensch sein. Hat nur einer von beiden Spaß, wird das auf Dauer nicht wirklich teamfördernd sein.
Das Stellen und Lösen gemeinsamer Aufgaben, das Bewältigen von Trainingsschritten fördert die Bindung. Immer vorausgesetzt, der Hund bekommt einen guten Rahmen gesteckt, in dem er die Aufgaben auch bewältigen kann, ohne Druck und zu viel Stress. Unsichere Hunde kommen durch kleine, bewältigbare Aufgaben zu neuem Selbstbewusstsein. Das Gefühl gemeinsam eine Hürde gemeistert zu haben, ist Balsam für die Seele. Der Mensch sollte motivierend zur Seite stehen, ohne Erfolgsdruck aufzubauen, weder bei sich, noch beim Hund. Es geht nur um den gemeinsamen Spaß. Egal welche Art Beschäftigung Sie wählen: Kurze und knackige Einheiten halten das Interesse wach und sind weniger ermüdend für den Hund.
Überlegen Sie, wann Sie als Mensch motiviert sind etwas zu tun, einem Hobby zu fröhnen. In der Regel tun wir Dinge gerne, bei denen wir erfolgreich sind, die wir können, die uns deswegen Spaß machen. Das gibt uns ein gutes Gefühl. Wann immer wir mit einer neuen Sache angefangen haben, war der Beginn zunächst nicht so leicht. Wie häufig haben Sie schon etwas begonnen und wieder aufgegeben? Jonglieren, Aquarellmalerei, Tennis? Warum waren Sie nicht motiviert genug? Haben Sie aufgegeben, weil Sie frustriert waren?
Warum sind Sie bei anderen Dingen bei der Stange geblieben? Vielleicht hatten Sie einen Trainer oder Mentor, der Ihnen Aufgaben nach Ihren Fähigkeiten gegeben hat. Der Sie motiviert hat, gelobt hat und mit dem Sie gerne gearbeitet haben?
Genau das ist der Schlüssel zum Erfolg. Und Erfolg ist in dem Falle nicht der nächste Pokal in welcher Disziplin auch immer, sondern es ist ein erfülltes Hundeleben und ein harmonisches Miteinander.
Hunde sind wirklich phantastische Begleiter, viel zu oft sind sie mit einem ziemlich tristen Leben zufrieden ohne dabei jemals auffällig zu werden. Das bedeutet nicht, dass diese Hunde glücklich sind, so wie sie leben, es zeigt nur wie anpassungsfähig sie sind.
Am tristen Alltag wird häufig erst etwas verändert, wenn sich die Probleme des Hundes störend auf das Leben des Menschen auswirken. Denn: Ein unterbeschäftigter Hund wird schnell zum „Problemhund“. Er sucht sich seine eigenen Aufgaben und meist sind das Dinge, die wir als Menschen so gar nicht gut finden. Autos jagen, exzessives Bellverhalten oder die Zerstörung der Wohnung. Diese, oft hausgemachten, Probleme beeinträchtigen die Mensch-Hund-Beziehung natürlich sehr. Es ist wichtig sich klarzumachen, dass der Hund diese Dinge nicht tut um uns zu ärgern, sondern weil er ein Problem hat. Und es ist unsere Aufgabe, ihm dabei zu helfen. Darum ist es sehr wichtig qualitativ hochwertige Zeit miteinander zu verbringen und Spaß miteinander zu haben. Und damit fängt man am Besten an, bevor Probleme entstehen. Beschäftigung ist weit mehr als kilometerweites Laufen am Fahrrad oder stupides Bällchen werfen und holen. Für manche Menschen erscheint es, als habe der Hund großen Spaß daran. Aber fordert es den Hund wirklich? Oder powered es ihn kopfmäßig aus? Oder puscht es ihn vielleicht noch zusätzlich hoch? Sind Sie als Mensch bei dieser Art Bällchenspiel überhaupt noch wichtig für den Hund, oder könnte ihn eine Ballwurfmaschine in die gleiche Extase versetzen?
Viele Menschen haben heute einen ursprünglich hochspezialisierten Hund daheim. Jagdhunde und Hütehunde sind in Großstädten keine Seltenheit. Über Sinn und Unsinn eines „Spezialisten“ in einer normalen Familie kann man sicherlich diskutieren. Allerdings kann das Zusammenleben wunderbar funktionieren, wenn man sich auf die Bedürfnisse seines Hundes einlässt und eine Beschäftigung wählt, die seinen Neigungen entspricht. Und nicht immer bedeutet Beschäftigung mit dem Hund in einen Hundeverein zu gehen, Agility-, Discdogging-, Fährten- oder sonstige Kurse zu belegen. All das kann man machen und es kann mit dem richtigen Trainer auch eine großartige Bereicherung sein. Die meisten dieser Kurse finden einmal in der Woche statt. Dass dies nicht genug Auslastung für ein ganzen Hundeleben sein kann, liegt auf der Hand. Doch Beschäftigung des Hundes muss und soll kein zähes Pflichtprogramm sein. Beobachten Sie Ihren Hund, was tut er gerne? Viele Hunde lieben Nasenarbeit. Mantrailing boomt und ist auch eine tolle Beschäftigung. Doch auch Sucharbeit im Kleinen ist eine wunderbare Auslastung. Basteln Sie doch ein Duft-Memory für Ihren Hund. Für den Anfang reicht ein altes Paar Socken. In beide Socken geben Sie einen Teebeutel der gleichen Sorte. Ziel ist es, nachher mehrere Paare mit unterschiedlichen Düften zu verstecken und den Hund mit der Duftprobe der einen Socke, auf die Suche nach der olfaktorisch passenden Socke schicken zu können. Das kann man prima bei schlechtem Wetter im Haus spielen. Hat man einen fortgeschrittenen Memory-Suchhund, kann man dies auch draußen tun.
Hat man also das erste Paar Socken präpariert, legt man einen der beiden Socken für den Hund gut sichtbar aus. Den zweiten bekommt der Hund als Geruchsprobe. Schnüffelt er daran, ermuntert man ihn mit einem „Such“ sich der am Boden liegenden Zielsocke zuzuwenden. „Findet“ der Hund diese Socke, gibt es eine gute Belohnung. Von mal zu mal kann man den Schwierigkeitsgrad leicht erhöhen. Immer gerade so weit, dass der Hund die Anforderung noch schaffen kann. Wenn der Hund es schafft die Socke irgendwo im Haus zu finden, dann ist es Zeit, dass nächste Sockenpaar mit einem neuen Duft zu bestücken und dieses mit einzubringen.
Zeigt Ihr Hund keinerlei Interesse an den Socken, dann versuchen Sie ein einfaches Leckerchen-Suchspiel. Achten Sie gut auf Ihren Hund und gönnen Sie ihm Pausen. Dinge mit der Nase zu suchen ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe.
Wenn Sie eher praktisch orientiert sind, können Sie Ihrem Hund natürlich auch beibringen nach Geldscheinen oder Münzen zu suchen. Sport kann ebenso eine gute Beschäftigung sein. Kann ist hierbei das Zauberwort. Stupides Ball oder Frisbee-jagen, hochgepushte Hunde auf dem Agility-Parcours, das hat nichts mit vernünftiger Beschäftigung zu tun. Beim Sport geht es darum, einen Hund anspruchsvoll auszulasten, dabei soll er aber noch ansprechbar sein. Ein guter Trainer wird also nicht nur motivieren, sondern er wird auch Bremsen. Hunde die wie von Sinnen Bellen beim Sport, haben in erster Linie ziemlich viel Stress. Doch es gibt auch die konzentriert arbeitenden Agility-Hunde, oder die fokussierten Discdogs, die auf kleinste Sichtzeichen ihres menschlichen Spielpartners achten und die mit ihm gemeinsam ein unschlagbares Team bilden. Das ist ein lohnenswertes Ziel und eine gute Beschäftigung als echtes Team.Kopfarbeit in jedweder Form und kleine Intelligenzspiele sind großartige Möglichkeiten den Hund zu fördern. Dieses Intelligenzspielzeug kann man kaufen oder aber selbst basteln. Oft braucht es nur eine gute Idee und ein paar kleine Handgriffe und schon ist die Knobelei für den Hund fertig. Hier lohnt sich Eigeninitiative, da das Spielzeug für den Hund eigentlich nur richtig spannend ist, wenn er es noch nicht beherrscht. Ein toller Buch-Tipp dazu ist „Das große Spielebuch“ von Christina Sondermann. Sie zeigt wie man mit simplen Alltagsgegenständen tolle Beschäftigungsmöglichkeiten zaubert. Aus einer leeren PET-Flasche und einem Holzstab wird so in 30 Sekunden ein geniales Flaschendreh-Spiel: Bohren Sie in Höhe der Flaschenmitte zwei gegenüberliegende Löcher. Achten Sie darauf eventuell scharfe Kanten mit Schmirgelpapier zu glätten und schieben Sie dann den Holzstab durch die Löcher. Lassen Sie Ihren Hund zuschauen, wie Sie Leckerchen in die Flasche füllen und halten Sie dann die Flasche an beiden Enden des Holzstabes auf Nasenhöhe des Hundes. Manche Hunde zeigen sogleich Eigeninitiative und versuchen mit Nase oder Pfote an das Leckerchen heranzukommen. Diese brauchen wahrscheinlich nur wenig Unterstützung. Ist Ihr Hund ratlos anhand dieser Aufgabe, helfen Sie ihm und drehen die Flaschenöffnung so weit nach unten, dass es nur eines kleinen Stupsers bedarf um dem Hund ein Erfolgserlebnis zu bescheren. So kann man mit vielen guten Ideen und wenig Aufwand das Leben eines Hundes sehr abwechslungsreich gestalten. Meine liebste Beschäftigung, ist das Trickdogging. Kaum etwas ist so flexibel an das jeweilige Mensch-Hund-Team anpassbar. Egal ob der Hund jung oder alt ist, er ein Handicap hat oder sozial vielleicht nicht kompatibel ist und egal welches Handicap der Mensch mitbringt, man kann die Tricks so auswählen, das es für beide passend ist.
Dabei geht es nicht darum, einen Zirkushund aus dem eigenen Hund zu machen, sondern um schöne Beschäftigung die man auch bei Regenwetter, vom Sofa aus, einüben kann. In kleinen Schritten und kurzen Einheiten hat man die Möglichkeit stets gute Fortschritte zu machen.
Länger als ein paar Minuten am Stück muss man dafür gar nicht investieren und die hat man zwischendurch doch immer mal. So kann man sich im Laufe der Zeit ein tolles Repertoire erarbeiten. Sie lernen Ihren Hund gut kennen, lernen komplexe Übungen in kleine Teilschritte aufzubrechen, damit der Hund Fortschritte machen kann.
Ein schöner Trick, der für die meisten Hunde recht schnell und einfach zu erlernen ist, ist das Socken ausziehen.
Nehmen Sie zum Üben eine robuste alte Wollsocke, an der Sie nicht allzu sehr hängen. Ideal ist es, wenn sie schon ein wenig ausgeleiert ist und ganz locker am Fuß sitzt.
Ziehen Sie die Socke nun nicht gleich an, sondern stülpen Sie sie nur locker über Ihre Hand, so dass ein Großteil der Socke locker nach unten hängt.
Hat Ihr Hund vielleicht schon bei früheren Gelegenheiten gelernt einen Gegenstand auf Kommando ins Maul zu nehmen oder daran zu ziehen, können Sie natürlich dieses Können Ihres Hundes schon nutzen. Kann er das noch nicht, ist das nicht weiter schlimm: Zeigen Sie ihm die Socke und ermuntern Sie ihn diese zu fassen.
Falls Ihr Hund nicht gerne etwas ins Maul nehmen mag bestätigen Sie ihn am Anfang für jeden Nase-Socke Kontakt. Stupst der Hund mit der Nase an die Socke, wird er sofort dafür belohnt. Wiederholen Sie das einige Male und warten Sie ab ob Ihr Hund vielleicht etwas mehr Aktion zeigt. Leckt er vielleicht an der Socke oder knabbert vorsichtig mit den Zähnen daran? Wunderbar belohnen Sie ihn umgehend mit einem guten Lecker dafür.
Vielleicht gehört Ihr Hund aber auch zu denen, die absolut nichts ins Maul nehmen wollen? Dann versuchen Sie folgendes: Nehmen Sie ein Stück Wurst und stecken Sie es in die Socke. Lassen Sie nun den Hund an der Socke riechen. Schnell wird er merken, dass darin etwas Gutes ist und er wird sie vielleicht vorsichtig mit den Zähnen fassen. Belohnen Sie das sofort mit einem Stück Wurst oder einer ähnlich attraktiven Belohnung und wiederholen Sie diesen Trainingsschritt einige Male.
Zieht der Hund nun immer wieder an der Socke, entfernen Sie das Wurststück und versuchen es ohne noch einmal. Klappt das gut, lassen Sie sich von mal zu mal die Socke etwas weiter von der Hand ziehen. Zieht der Hund die Socke komplett herunter loben Sie ihn überschwänglich.
Stülpen Sie nun die Socke über ihren Fuß, nur soweit, dass gerade eben die Zehen bedeckt sind. Machen Sie Ihren Hund auf die Socke aufmerksam. Nimmt der Hund die Socke und zieht sie dabei von den Zehen loben Sie ihn überschwänglich und wiederholen die Übung von mal zu mal etwas schwieriger, indem Sie die Socke immer weiter über den Fuß ziehen. Es kann eine Weile vergehen, bis der Hund die vollständig angezogene Socke vom Fuß ziehen kann. Wollen Sie noch mehr Eindruck machen, können Sie dann damit beginnen die Socken dünner werden zu lassen. Einen dünnen Sommerstrumpf vom Fuß zu ziehen ist deutlich schwieriger.
Nach dem gleichen Prinzip können Sie jetzt in der kalten Jahreszeit auch das Handschuh ausziehen üben, oder aber das Aufziehen einer Schuhband-Schleife. Ihrer Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt.Aus vielen Büchern und von vielen Trainern kennt man die Empfehlung, man solle immer mit einem positiven Ergebnis aufhören. Das ist sicherlich eine gute Idee, wenn man rechtzeitig aufhört, so lange es noch gut läuft. Was aber wenn man, im Eifer des Gefechtes, das Zenit überschritten hat? Bitte versuchen Sie nicht krampfhaft noch unbedingt ein mal ein schönes Ergebnis zu erzielen. Manchmal ist einfach die Konzentrationsfähigkeit erschöpft. Immer wieder zu versuchen zum Abschluss noch mal ein gutes Ergebnis zu erzielen kann kontraproduktiv sein. Man erhöht automatisch den Druck und die Anforderungen für sich und den Hund. Dann war das Ende eben nicht perfekt, das macht nichts und ist ein guter Hinweis, beim nächsten Mal früher aufzuhören.Rückschritte gehören dazu.
Es wird immer Situationen geben, da läuft es einfach nicht. Der Hund findet das Suchobjekt nicht, er wirft beim Agility jede Stange, er läuft beim Obedience nicht vernünftig Fuß oder er zieht beim Tricksen die Socke nicht mehr aus. Dann lehnen Sie sich zurück und atmen Sie durch. Genau wie wir auch, haben Hunde mal einen schlechten Tag. Wir nehmen das aber leider allzu oft persönlich. „Der weiß genau was er machen soll.“ Ja, vielleicht weiß er das, vielleicht sitzt es aber doch noch gar nicht so sicher, wie wir es geglaubt haben. Und selbst wenn, vielleicht gibt es einen Grund, warum der Hund das Verhalten heute nicht zeigen kann? Einen Grund, den wir nicht kennen?
Es ist nicht schlimm, einen Schritt zurück zu gehen. Es wieder etwas leichter zu machen. Verstecken Sie das Objekt so, dass der Hund es mit Leichtigkeit finden kann, Machen Sie die Stangen beim Agility deutlich tiefer, verkürzen Sie die Dauer des Fuß-Laufens und machen Sie einen anderen Trick als Socken-ausziehen. Verschaffen Sie sich und Ihrem Hund so ganz gezielt ein Erfolgserlebnis. Wer gute Leistungen erreichen möchte braucht ein starkes Team und das ist man nur, wenn man die Bedürfnisse des anderen Wahrnehmen kann. Und um vorwärts zu kommen, muss man manchmal zurück gehen. Und sei es nur um Anlauf zu nehmen.
Und wenn Sie einmal einen schlechten Tag haben, dann ist gemeinsam mit dem Hund auf der Couch zu liegen unter Umständen die beste Beschäftigung. Genießen Sie auch das und haben Sie Spaß mit Ihrem Hund.
Erschienen in der SitzPlatzFuss Sonderausgabe 2015
Autorin: Manuela Zaitz
Bilder mit freundlicher Genehmigung des Cadmos Verlages